NLA HA Hann. 158 Moringen

  • Zugeordnete Objekte zeigen
  • Drucken
  • Verlinken
  • Versenden
  • Verbessern

Beschreibung: Bestand

Identifikation (kurz)

Titel 

Landeswerkhaus Moringen

Laufzeit 

1931-1957

Bestandsdaten

Geschichte des Bestandsbildners 

Das Provinzialständische Werkhaus wurde im Jahre 1739 von der Calenberg-Grubenhagenschen Landschaft als Waisenhaus erbaut und im Jahre 1818 von der hannoverschen Staatsregierung für 10.000 Taler zwecks Einrichtung einer Straf- und Korrektionsanstalt erworben, jedoch zunächst als Zuchthaus und vom Jahre 1838 ab als "Polizeiliches Werkhaus" zur Unterbringung von Polizeigefangenen beiderlei Geschlechts benutzt.

1867 wurden in Hannover die ersten männlichen Korrigenden in das damals dem Preußischen Ministerium des Innern unterstehende "Polizeiliche Werkhaus" in Moringen überführt. 1871 ging die Vollstreckung dieser Korrektionshaft auf den Provinzialverband über. Als 1885 der Provinzialverband Hannover das Haus vom Preußischen Staat erwarb, änderte sich auch der Name in "Provinzial-Werkhaus".

Das Werkhaus Moringen war im ausgehenden 19. Jahrhundert eines von rund 50 Arbeitshäusern im Deutschen Reich. In diesen Anstalten wurden vor allem Männer interniert, die man der "Landstreicherei" und "Bettelei" beschuldigte, sowie Frauen, denen man Prostitution vorwarf. Es wurden diejenigen Unterstützungsempfänger mit Arbeitshaus bestraft, die nach Ansicht der Behörden ihre finanzielle Notlage aus "Müßiggang" selbst verschuldet hatten, sich aus vermeintlicher "Arbeitsscheu" weigerten, eine zugewiesene Arbeit auszuführen, sich nicht genügend bemühten, ihrer Obdach- und Arbeitslosigkeit abzuhelfen oder ihre Familien vorsätzlich der Armenunterstützung überließen.

Ziel der Arbeitshausunterbringung war die "Besserung durch Arbeit": Da man - ungeachtet des jeweiligen konkreten Einweisungsgrundes - alle eingelieferten Personen der "Arbeitsscheu" bezichtigte, sollte ihre "Besserung" vor allem durch Zwangsarbeit erzielt werden. Diese Strafart wurde als "korrektionelle Nachhaft" bezeichnet, da sie direkt an eine kurze Haftstrafe anschloss. Analog zum Besserungsanspruch dieser Einrichtungen bezeichnete man die Insassen als "Korrigenden" - d. h. als "zu Bessernde".

Im April 1933 wurde in Moringen eines der ersten Konzentrationslager für politische Gefangene (v.a. KPD'ler und deren Anhänger) eingerichtet. Im September 1933 begannen die Planungen, in Moringen ein spezielles Frauen-KZ zu eröffnen, in das Frauen v.a. aus politischen Gründen (KPD-Nähe) aus ganz Preußen gebracht werden sollten. Die verblieben männlichen politischen Häftlinge wurden dagegen bis Ende November 1933 in die KZ's Brandenburg/Havel, Oranienburg und Emslandlager bei Papenburg verlegt, wobei auch danach zeitweilig bis mindestens 1934 männliche Schutzgefangene hier untergebracht wurden.

Die Eröffnung des Frauen-KZ erfolgte Mitte November 1933. Neben den politischen Gefangenen kamen später u.a. auch Zeuginnen Jehovas (Bibelforscherinnen) hinzu. Bald kamen Frauen aus dem gesamten Deutschen Reich nach Moringen. Im Dezember 1937 begann die Auflösung des Lagers, die verbliebenen Frauen wurden in drei Transporten (15. Dezember 1937, 21. Februar 1938 und 21. März 1938) vorerst in das KZ Lichtenburg in Prettin (Sachsen) verlegt.

Die folgende Einrichtung eines Jugend-KZ ging auf eine Initiative Reinhard Heydrichs im Dezember 1939 zurück, der spezielle Lager für "verwahrloste" Jugendliche forderte. Ab August 1940 wurden erste Jugendliche in das KZ Moringen eingewiesen. Ein Blocksystem selektierte die Jugendlichen nach vermeintlichen charakterlichen und biologischen Merkmalen und Eigenschaften: "Beobachtungsblock (B-Block), Block der Untauglichen (U-Block), Block der Störer (S-Block), Block der Dauerversager (D-Block), Block der Gelegenheitsversager (G-Block), Block der fraglich Erziehungsfähigen (F-Block), Block der Erziehungsfähigen (E-Block)" und ein Stapo-Block (ST-Block), in dem politisch-oppositionell eingestufte Jugendliche, hierzu gehörte z.B. die sog. "Swing-Jugend", eingewiesen wurden. In Moringen waren während des Dritten Reichs ca. 1.500 Jugendliche inhaftiert. Mind. 10% von ihnen starben. Die genaue Zahl der Opfer ist bis heute nicht bekannt.

Stand: Februar 2006 (ergänzt März 2021)

Zur weiteren Geschichte siehe das Vorwort zum Nachfolgebestand Nds. 330 Moringen.

Bestandsgeschichte 

1996 gelangte ca. 4 lfd. Meter Archivgut in das Hauptstaatsarchiv, das Informationen zum "Frauenschutzlager" bzw. zum "Jugendschutzlager" Moringen sowie zum Provinzialerziehungsheim bietet. Bei diesem Schriftgut handelt es sich zumeist um Provenienz des Landeswerkhauses. Eine notwendige Neueinteilung der Bestände wurde zunächst zurückgestellt.

Die Akten der Akzession 84/82 mit 0,3 lfd. Meter Umfang sind im Februar 1982 über das Niedersächsische Ministerium des Innern in das Hauptsstaatsarchiv nach Hannover gelangt (vgl. Tgb.-Nr. 375/82 in Dienstakte Spez. E 131/1).

Die Akten der Akzession 38/83 mit einem Umfang von 0,3 lfd. Meter sind im Mai 1983 vom Niedersächsischen Landeskrankenhaus Moringen abgegeben worden (vgl. Tgb.-Nr. 449/83 in Dienstakte Spez. E 1582). Diese Akzession bietet Quellen zur Endphase des Landwerkhauses in der Zeit des Zweiten Weltkrieges, zu den Landes-Heil- und Pflegeanstalten Göttingen und Hildesheim, zum Provinzialerziehungsheim in Göttingen und zu dem auf dem Gelände des Landeswerkhauses eingerichteten "Jugendschutzlager".

Die Akten der Akzession 116/93 mit einem Umfang von 2,1 lfd. Meter sind im November 1993 von der Jugendanstalt Göttingen-Lüneburg abgegeben worden (vgl. Dienstakte 55812/482). Diese Akzession sowie die Akzession 114/93 enthält Personalakten von weiblichen Fürsorgezöglingen des Landeswerkhauses in dessen Schlussphase. In der Akzession 116/93 befindet sich auch ein Zugangsregister von weiblichen politischen Gefangenen.

Die Akzession 105/96 umfasst etwa 0,7 lfd. Meter Personendossiers des Frauenkonzentrationslagers (Frauenschutzhaftlagers) Moringen, die vom Bundesarchiv an das Hauptstaatsarchiv in Hannover abgegeben worden sind und die zuvor vom Document Center in Berlin verwahrt worden waren. Die Ordnungs- und Verzeichnungsarbeiten hierzu sind im wesentlichen vom Bundesarchiv geleistet worden.

In den vorliegenden Bestand Hann. 158 Moringen sind bislang fünf Ablieferungen eingegangen.

Stand: Februar 2006

Enthält 

Verwaltung, Personalia, Akten jugendlicher Schutzhäftlinge, Häftlingsakten des Frauenkonzentrationslagers, Zugangsregister der Polizeigefangenen

Literatur 

Koepchen, Dr.: "Korrigendenwesen und das Provinzialwerkhaus in Moringen", in: Sechzig Jahre hannoversche Provinzialverwaltung, Hrsg. vom Landesdirektorium der Provinz Hannover, Hannover 1928.

Geschichte des Fachkrankenhauses Moringen

Siehe

Korrespondierende Archivalien 

Hann. 122a (Oberpräsident der Provinz Hannover), Nr. 1354-1358, 2096, 2831-2833 und 3942

V.V.P. 64 (Jugendschutzlager Moringen) Acc. 19/94

Nds. 330 Moringen

Weitere Angaben (Bestand)

Umfang in lfd. M. 

4,2

Bearbeiter 

Dr. Christian Helbich (2021)

Benutzung 

Findmittel zu Archivgut mit Daten, die dem Sozialgeheimnis, der ärztlichen Schweigepflicht oder vergleichbaren Rechtsvorschriften unterlegen haben, können nicht online präsentiert werden. Sowohl Findmittel als auch Archivgut können unter Berücksichtigung der Einhaltung von Schutzfristen nach §5 NArchG eingesehen werden.

Informationen / Notizen

Zusatzinformationen 

Umfang Erschließungseinheiten: 590

Abgeschlossen: Nein

Der Bestand kann noch Zuwachs erfahren.

Georeferenzierung

Bezeichnung 

Moringen, Stadt [Wohnplatz]

Zeit von 

1

Zeit bis 

1

Objekt_ID 

1677

Ebenen_ID 

1

Geo_ID 

1-1677

Link 

Moringen, Stadt [Wohnplatz]